Rede zum Neujahrsempfang 2016 beim SPD-Unterbezirk (UB) Landkreis Harburg.
Gehalten am Sonntag, 17. Januar 2016 vom UB-Vorsitzenden Thomas Grambow
in Hanstedt (Alter Geidenhof).

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(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrte Damen und Herren,

verehrte Gäste, liebe Genossinnen und Genossen,

ich wünsche ihnen und euch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr – und uns allen ganz besonders ein friedliches Jahr 2016. Ein friedliches neues Jahr! In den letzten Jahren konnte man das leicht sagen. Schließlich leben wir seit Jahrzehnten in Deutschland in einem friedlichen Land. Und wir leben in guter europäischer Nachbarschaft. Und doch war allen immer bewusst, dass dieser Zustand ein privilegierter Zustand ist. Dass es Regionen auf der Welt gibt, in denen Terror, Gewalt und Krieg herrschen. Doch wir hatten eine angenehme Gewissheit. Den Gedanken, dass die bewaffneten Konflikte dieser Welt weit weg von uns sind. Dass sie unsere politische Routine nur mittelbar und unseren persönlichen Alltag meist überhaupt nicht tangierten.

Von daher eigentlich nur scheinbar plötzlich sind jetzt Flüchtlinge bei uns. Männer, Frauen und Kinder, die zu uns in den Landkreis Harburg geflohen sind und Schutz suchen. Sie sind Zeugen von den Kriegen im Mittleren und Nahen Osten oder in Nord-Afrika die zurzeit stattfinden. Und dazu kommt noch dieser Terrorismus und Extremismus in einer uns bisher unbekannten Art der sehr viele Menschen beunruhigt.

Denn eigentlich wähnten wir uns ja in einer Zeit der Routine, in einer Zeit in der es vor allem um Pragmatismus geht. Wie heißt es doch „Praktisches Handeln zur Lösung von Alltagsherausforderungen!“. Wie bei „Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu organisieren, Sprachkurse, berufliche Weiterbildungen oder auch Wohnungsbau zu realisieren“ Dazu immer gleich die Frage nach den Kosten. Zu hören und zu lesen wer denn nun genau die anfallenden Kosten tragen müsse und gerade aktuell Sicherheitshinweise die auf „Armlängenabstände“ abstellen.

Anrede; sind wir ehrlich, so müssten wir feststellen, dass uns das vergangene Jahr mit „Griechenland- und Flüchtlingskrise“ gerade gezeigt hat, dass wir nicht mehr im Pragmatismus oder in einer Zeit der „Ellenbögen“ leben können, sondern das wir uns in einer Zeit großer Gesellschaftspolitik befinden.

Mit Fragen: Wie soll sich unsere Gesellschaft entwickeln? Was muss die Politik, was muss die Gesellschaft tun, damit alles weiter (wieder) zusammenhält, damit gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleiche Pflichten für alle gelten und damit wir alle in Sicherheit leben können?“ Vor allem also die Frage: „Wie können heute Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gesichert werden?“

Nun bin ich froh, dass wir Sozialdemokraten uns gleich wieder zu Wort melden und unseren bereits über 150 Jahre alten Anspruch, die Zukunft unserer Gesellschaft zum Besseren gestalten zu wollen, erneuert haben. Was es im ersten Schritt dazu braucht, ist für mich vor allem eines, Offenheit! Denn es gibt inzwischen viel Verunsicherung und nicht wenige Ängste bei einer größer werdenden Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern.

Sorge vor Überforderung, vor sozialem Abstieg, vor immer neuen politischen Krisen, vor Entwertung des Ersparten oder der eigenen Arbeit, vor der zunehmenden Zufälligkeit gemachter Sozialleistungsversprechen, vor hohen Mietsteigerungen, ungenügender Vorsorge, digitalen Übergriffen, Altersarmut.

Anrede; diese Aufzählung ließe sich leicht fortsetzen. Unsere Aufgabe als Politik muss es sein, auf alle dieser Fragen wieder politische Antworten zu geben. Eine dieser Antworten wird lauten müssen, es muss wieder mehr Sicherheit geben! Sicherheit aber auch im Sinne von sozialer Sicherheit bis hin zu einem Gefühl einer Geborgenheit in unserer Gesellschaft, was natürlich Land, Städte und Gemeinden mit einschließt. So wird es in den kommenden Jahren sicher noch zu einer der zentralen Aufgaben werden, ganz konkrete Angaben darüber zu machen, wie wir vor Ort, also auch hier im Landkreis Harburg, in Zukunft leben wollen!

Ganz oben wird meines Erachtens das Ziel eines „guten Zusammenlebens“ und nicht das „immer mehr haben zu wollen“ stehen müssen. Dafür wird es aber nicht reichen, wie bisher allein auf „Sicht“ zu handeln. Denn dann kann es schnell in eine Sackgasse gehen, welches wir erst bemerken werden, wenn wir vor der Wand stehen. Wer also „Das Beste hofft und mit dem Schlimmsten rechnet“, handelt nach meiner Auffassung allein auf „Sicht“, weil sein „Hoffen“ niemals Handeln ersetzen wird und ihm das, da er mit dem Schlimmsten rechnet, in Gedanken so bereits bewusst ist.

Unsere Aufgabe, gerade Aufgabe der Politik ist es aber zu handeln und so Lösungen für die Probleme unserer Zeit zu finden, diese vorzustellen, einen Handlungskonsens zu suchen und wenn es denn an uns Sozialdemokraten gegeben ist, das gefundene Lösungspaket schließlich auch umzusetzen! Erst solches, verlässliches Vorgehen wird dafür sorgen, dass uns der Glaube an eine weitere gute Zukunft nicht verloren geht. Wer so handelt, sich den Problemen seiner Zeit stellt und vor allem aber, diese löst, der darf finde ich, gerne auch eine Belohnung erhalten. Denn der oder die kann für mich dann gerne sagen: „Wir schaffen das!“

Leider setzen einige ihre Belohnung so aber immer noch vor die Arbeit.

Anrede; aber Gott lob, für unser „Wir schaffen das!“ sind uns Sozialdemokraten, ja klare Leitlinien gegeben. Diese Leitlinien heißen Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität!

Was wir erreichen wollen ist ein Leben in Freiheit, heißt wir wollen ein Leben in einer freien und offenen Welt verbringen. Ein Leben welches uns Terrorismus, Terror und Gewalt nicht gönnen. Und gerade das fordert uns auf, nichts, aber auch gar nichts von unseren Werten preiszugeben. Als Sozialdemokraten stehen wir ein für Sicherheit und Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität, Gewalt und Terror. Sicherheit ist für uns ein Bürgerrecht, kein Privileg für Wohlhabende. Wir wollen einen Staat, der jeden einzelnen vor den Risiken schützt, die er allein nicht abwehren kann. Schutz vor Arbeitslosigkeit und Krankheit gehören dazu genauso wie auch später im Alter ein gutes Leben bei uns in Deutschland führen zu können. Dafür einzutreten und diese Werte auch verteidigen zu wollen, das meine Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen, gehört bei „Verantwortung tragen“ immer mit dazu. Lasst uns das bitte nicht vergessen.

Als Begriff bezeichnet Gerechtigkeit einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt. So nachzulesen bei Wikipedia.

Für mich ist Gerechtigkeit besonders dieses Stück an Chancengleichheit. Gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleiche Pflichten für alle, die hier ihre Zukunft suchen. Erst das schafft eine offene Gesellschaft, in der vieles möglich werden kann, für Menschen jeder Herkunft, Kinder aller Familien, für Menschen die die Rechte anderer achten und bereit sind durch ihre Arbeit weiteren Menschen solchen Wohlstand zu bieten. Wer also bei uns bleiben will, muss auf seine mitgebrachten Qualifikationen schnell Sprach-, Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen bekommen, einen Arbeitsplatz und Wohnung erhalten, um dann selbst „liefern“ zu können. Viele dieser Grundlagen werden wir hier bei uns vor Ort zu leisten haben. Wie wir das leisten wollen, dafür haben wir Sozialdemokraten gute Ansätze und Ideen. Diese werden wir schon in Kürze vorstellen und uns für deren Umsetzung um das Votum bei den Wählerinnen und Wähler bewerben. Möge die diesjährige Kommunalwahl also gerne kommen und klären wie es in den nächsten 5 Jahren hier im Landkreis Harburg mit der Politik weitergehen soll.

Denn gelänge uns das nicht, ein starkes demokratisches Wahlergebnis zu erreichen, bestünde die Gefahr, vielleicht schneller als von manchen gedacht, doch in soziale Verteilungskämpfe zu geraten. Unsere Gemeinschaft wieder stärker auf Gegenseitigkeit einzustellen, wird daher zu einer weiteren Aufgabe unserer Sozialdemokratie werden. Die Gemeinschaft davon zu überzeugen, ja zu begeistern, das wir nur im voneinander lernen auch voneinander profitieren können, einen wieder stärker mitmenschlichen Umgang zu führen und vor allem Solidarität zu üben, muss in unserer Zielsetzung daher mit ganz oben stehen.

Mit dem Eintreten für andere, ohne selbst davon einen Vorteil zu haben oder zu beabsichtigen, handeln wir Solidarisch und gehen über in das Grundprinzip menschlichen Zusammenlebens. Doch Werte wie Solidarität und damit auch der Zusammenhalt unserer europäischen Union waren noch nie so gefährdet wie heute. Solidarität als Wert war schon lange nicht mehr so unpopulär wie heute. Vielleicht muss man sich Solidarität leisten können? Aber das ergibt keinen Sinn, wenn man annimmt, dass kein Mensch sich eine Haltung kaufen muss. Dabei kann das Eintreten für andere „aus freien Stücken“ die unterschiedlichsten Formen haben.

Dazu habe ich ein wohl im Jahre 1997 entstandenes und von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland gemeinsam veröffentlichtes Sozialwort "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" gefunden, welches als Quelle der Solidarität im christlichen Glauben an die erinnerte und erzählte Geschichte vom Erbarmen Gottes, das „zur barmherzigen und solidarischen Zuwendung zu den Armen, Schwachen und Benachteiligten“ motiviere, gefunden.

Jesu Botschaft wird hier als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung des Lebens für die Armen, Kleinen und Gewaltlosen gesehen. „Er selbst ist den Weg der Solidarität, der Barmherzigkeit und der Gewaltlosigkeit gegangen.“

Mag sich mancher über das Vorwort zur heutigen Einladung gewundert und ein Vortrag zum Thema „Die Sozis und die Protestanten – Leidens- oder Wertegenossen?“ ich sage einmal, etwas „mystisch“ vorgekommen sein, so meine Hoffnung, mag er vielleicht jetzt erste Zusammenhänge erahnen.

Für mich macht Sozialdemokratie immer auch ein Überschuss an Utopie und Visionen aus. In ihrer Begeisterungsfähigkeit und Erneuerungswillen war und ist sie ein Zukunftsprojekt. Stets in der Rolle des gesellschaftlichen Hoffnungsträgers gewesen, muss sie für mich heute eine weitere, aber ihr keine unbekannte Rolle übernehmen. Die Rolle in ihrer Politik wieder stärker auf die Menschen zuzugehen und ihr Ansinnen dort direkt vermitteln zu wollen.

Liebe Genossinnen und Genossen, wir waren als Sozialdemokraten immer dann am erfolgreichsten bei Wahlen, wenn wir wie jetzt, in der Zeit großer Gesellschaftspolitik bei den Menschen direkt vor Ort sind. Wenn wir von ihren Problemen und Sorgen direkt erfahren haben und unsere politische Arbeit konsequent dem Bürgerwohl verpflichtet haben. Wie wir das wieder stärker umsetzen können, darüber lass uns mit Partnern und Freunden in der kommenden Zeit gerne zusammen sprechen.

Doch nun bin ich mit Ihnen gespannt, wie es nach Meinung unseres heutigen Referenten, Herrn Superintendent Dirk Jäger, dann nun ausgeht mit der Frage: „Die Sozis und die Protestanten – Leidens- oder Wertegenossen?“ Nach dem nun folgenden Grußwort unseres Europaabgeordneten Bernd Lange werden wir hören, wie das ausgehen soll. Schließen möchte ich meine Begrüßung mit einem alten Gruß unserer Sozialdemokratie.

Mit dem Gruß:

Freundschaft!

Anrede; einen Gruß den ich so erstmals richtig auf dem letzten und meinen ersten Bundesparteitag vergangenen Dezember in Berlin vernommen habe. Ich finde, mag er bei seiner Verwendung für jeden ruhig etwas anderes aussagen, könnte die Kernbotschaft doch immer die Gleiche sein:

Freundschaft, unter uns Sozialdemokraten und für die, für die wir Verantwortung übernehmen.

Ich jedenfalls habe mir vorgenommen ab heute diese Grußformel gerne öfter zu verwenden.

Bleibt mir für ihre/eure Aufmerksamkeit vielen Dank zu sagen.

Freundschaft!