Kommunale hausärztliche Versorgung – ein Gebot unserer Zeit
SPD Antrag für kommunale ärztliche Versorgungszentren wird weiter behandelt. Anstoß für weitere Aktivitäten ist erfolgt.
Die Situation der ärztlichen Versorgung im Landkreis Harburg war Thema auf der vergangenen Ausschusssitzung des Landkreises Harburg. Die SPD sieht mit ihrem Vorstoß für ein zukünftig stärkeres kommunales Engagement die Ergebnisse aus dem „Siebter Altenbericht. Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ der Bundesregierung, der gerade erschienen ist, bestätigt. Dabei kommt den Kommunen – Kreis, Städte und Gemeinden – bei der nachhaltigen Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum eine wichtige Rolle zu:
Dies hat auch die SPD im Landkreis Harburg so gesehen und in einer Arbeitsgruppe zusammen mit der Kreistagsfraktion einen Vorschlag für ein kommunales Medizinisches Versorgungszentrum erarbeitet. Der Vorschlag zielt auf die Einrichtung eines Modellprojekts als Ergänzung zum bestehenden System sowie zur Unterstützung der Aktivitäten des Landkreises zur Sucherstellung einer nachhaltigen hausärztlichen Versorgung.
„Wir sind uns alle einig, dass es viele Aufgaben gibt, die auf Landes- und vor allem Bundesebene zu lösen sind. Wir müssen aber flankierend, wie die erfolgreiche „Stadt, Land, Praxis“ Initiative des Fachbereichsleiters Reiner Kaminskis, weitere Säulen für eine bessere Versorgung heute und vor allem für Zukunft aufbauen,“ gibt der Ausschussvorsitzende Klaus-Wilfried Kienert von der SPD zu bedenken. Im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber den Kommunen mit dem GKV- Versorgungsstärkungsgesetz schon vor geraumer Zeit die Möglichkeit eingeräumt, medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen. Die Kommunen können somit nun aktiv die Versorgung in der Region beeinflussen und verbessern. Und auch der Sachverständigenrat hat bereits 2014 gefordert, dass die Kapazitäten der hausärztlichen Primärversorgung und der Notfallversorgung auch in Zukunft möglichst wohnortnah vorgehalten werden müssten; der „Siebte Altenbericht“ sieht dabei die ambulante ärztliche Versorgung neben niedergelassenen Haus- und Fachärzten auch durch Medizinische Versorgungszentren , die sich unmittelbar in oder am Krankenhaus ansiedeln, sichergestellt.
Auch der Landkreis Harburg kann sich dem Trend – demografische Entwicklung zu einer älter werdenden Gesellschaft in Verbindung mit überproportional steigender Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen, altersbedingtes Ausscheiden der Hausärzte aus dem Berufsleben – nicht entziehen. Denn die im Wesentlichen noch hinreichenden Ärztequoten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Wartezeiten und Aufnahmestopps auch bei uns zu einer gefühlten Unterversorgung führen, die in Zukunft Realität sein wird.
Dass die Beschränkung der Studienplätze und der numerus clausus von vornherein bereits eine fatale Wirkung auf die ärztliche Versorgung entfalten, ist eine politische
Aufgabenstellung, die es umgehend zu lösen gilt – aber auch die Tatsache, dass ein hoher Anteil der Medizinabsolventen nicht im Gesundheitssystem ihren Platz findet und dass Praxen nach altersbedingtem Ausscheiden des Inhabers häufig nicht besetzt werden können, muss zu denken geben.
Die Attraktivität des niedergelassenen Arzt-Daseins wird hinterfragt: Mindestens zwei Drittel der derzeit in der Medizin Studierenden sind weiblich und werden eher das Angestelltenverhältnis als die Selbstständigkeit wählen; aber auch die jungen Mediziner haben andere Lebensentwürfe, die sich in einer anderen work-life-balance ausdrückt als in einer 50- bis 60-stündigen Arbeitswoche. Es geht also auch im Landkreis darum, diesen Ärztinnen und Ärzten Alternativen zu bieten.
„Wir haben mit unserem Antrag und der Beratung im Ausschuss einen Anstoß gegeben, auch über weitere Maßnahmen nachzudenken. Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen. Theorie und Praxis liegen weit auseinander, wenn dem Bürger erklärt wird, wir hätten eine „Überversorgung“. Das Gegenteil zeigt sich durch Abweisungen und monatelange Wartezeiten“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Tobias Handtke, der im Ausschuss den Antrag für die SPD begründet hat.
Es ist eine Herausforderung, eingetretene Pfade zu verlassen und sich auf neues Terrain zu begeben. Im Sozialausschuss des Kreistags war für die Sozialdemokraten nicht zu erwarten, dass die anderen Fraktionen sofort für den Aufbau eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums votieren. Dennoch einigte man sich, dass der Ansatz zumindest weiterverfolgt werden soll, indem weitere Informationen gesammelt und auch Gespräche mit bereits laufenden Versorgungszentren geführt werden sollen.
Noch nicht viel – aber ein Anfang.
Da kommunale Medizinische Versorgungszentren sich insbesondere als Lösungsansatz für den ländlichen Raum eignen, wird aus Sicht der SPD auch die Regierung im Flächenland Niedersachsen enger in die weitere Arbeit einbezogen werden müssen.
Tobias Handtke
Vorsitzender SPD-Kreistagsfraktion
Dr. Manfred Lohr
SPD AG – Ärztliche Versorgung im LK Harburg